Schwester Flora Mashonga (rechts im Bild) betreut junge Frauen, die am St. Patricks Homecraft-Center in Malawi ausgebildet werden. Mit uns sprach sie über ihre Arbeit.
Schwester Flora, wie ist die Bildungssituation in Malawi? Was sind die Probleme? Wie kann die Bevölkerung Zugang zu Bildung erhalten?
Schwester Flora: Die Bildungssituation in Malawi ist sehr schlecht. Es gibt viele Kinder, aber nur wenige Lehrende und wenige Schulen, was zu einem schlechten Ergebnis führt, weil ein Klassenzimmer leicht hundert Kinder, aber nur eine Lehrperson haben kann. Diese kommt mit der Klassen-Situation kaum zurecht. Und die Kinder können sich nur schwer konzentrieren. Die Regierung stellt aus finanziellen Gründen nicht viel Personal für den Unterricht ein. Außerdem gibt es nicht genügend Schulen und Lehrmaterialien. Für den Schulweg müssen die Kinder weite Strecken zurücklegen, meist stundenlang.
Gab es in den letzten Jahren Veränderungen? Ist es schlimmer geworden?
Schwester Flora: Es gibt kaum Veränderungen, da der Bildungsstandard sehr niedrig ist. Die Regierung fördert aber in letzter Zeit Kindergärten an verschiedenen Orten, sei es in Städten oder Dörfern, damit die Kinder schon in jungen Jahren lernen können. Alle sind daran interessiert ihnen bessere Kenntnisse zu vermitteln und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihren Geist zu öffnen.
Wie beeinflussen Covid und der Ukraine-Krieg die Bildung?
Schwester Flora: Covid beeinträchtigte das Bildungssystem, da die Schulen für längere Zeit geschlossen waren. Viele heirateten während dieser Zeit. Kinder konnten auch aufgrund der Schutzkleidung, fehlenden Materialien und der extrem großen Kinderzahl pro Unterrichtendem nicht gut lernen. Der Ukraine-Krieg beeinflusst die Bildung ebenfalls sehr. Maßgeblich aufgrund der dauernd steigenden Kosten, weshalb auch die Gebühren in den Schulen sehr hoch sind.
Können Sie uns die Lebensumstände Ihrer Schülerinnen beschreiben?
Schwester Flora: Das mache ich am Beispiel eines Mädchens: Sie stammt aus einer armen Familie, beide Eltern sind gestorben, also lebt sie bei ihrem Onkel. Aber auch ihr Onkel ist arm. Er kann sich nicht um seine Familie kümmern, deshalb kann er die Schulgebühren für das Mädchen nicht bezahlen. Er hat nicht mal genug, um Lebensmittel und andere Bedürfnisse für die Familie zu kaufen. Wenn also das Mädchen dabei unterstützt werden kann, zur Schule zu gehen und nach der Sekundarschule in Zukunft ein College zu besuchen, kann es sich selbst und seine Verwandten oder Familie ernähren. Auch die Familie ihres Onkels. Denn die Erziehung eines Mädchens oder einer Frau bedeutet, die Familie und die Nation zu erziehen, da ein Mädchen oder eine Frau das Herz der Familie und der Nation ist.
Warum werden Mädchen vergewaltigt oder prostituieren sich?
Schwester Flora: Die Mädchen werden vergewaltigt, weil sie weit von der Schule entfernt wohnen. Sie sind lange unterwegs. Wenn sie von der Schule zurück in ihre Dörfer kommen, sind sie mit diesen Problemen sehr oft konfrontiert. Viele Mädchen wohnen in kleinen Pensionen, damit sie die Schule besuchen können. Dort gibt es keinen Schutz für sie und sie sind mit sehr vielen verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. So werden sie können ihr Studium nicht fortsetzen. Die Chancen, dass sie sich prostituieren, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, weil sie arm sind, sind gegeben.
Warum sind Studium, Hochschule und das Homecraft Center für Mädchen wichtig?
Schwester Flora: Das Studium und die Hochschulen sind für die Mädchen sehr wichtig, weil sie unabhängig von ihren Ehemännern auf sich allein gestellt sein können. So kann es ihnen auch gelingen, ihre Familien zu ernähren. Das Homecraft Center ist für Mädchen und Frauen so wichtig, weil es Mädchen und Frauen Fähigkeiten vermittelt, um ihr eigenes Unternehmen aufbauen zu können. Um sich selbst zu versorgen und zu verwalten. Somit wird die Stärkung der Selbstbestimmung von Frauen letztlich dazu führen, dass Vergewaltigungsfälle, Prostitution und HIV/AIDS als Ergebnis der Selbstständigkeit zurückgehen. Gewalt gegen Frauen wird mit weniger finanzieller Abhängigkeit von Männern drastisch reduziert.
Wie ist Ihre Erfahrung als Ausbildnerin am Homecraft Center?
Schwester Flora: Meine Erfahrung im St. Patricks Homecraft Center gefällt mir außerordentlich. Ich bin so glücklich, meinen Mitfrauen Fähigkeiten und Wissen vermitteln zu können. Ich habe viel Wissen von ihnen gewonnen und auch sie haben viel von mir gelernt. Wir haben (vor der Schließung 2017, Anm.) fast 160 viele Mädchen und Frauen ausgebildet. Viele davon betreiben ihr eigenes Unternehmen und unterstützen ihre Familien sehr gut, ohne von ihren Ehemännern abhängig zu sein. Deshalb haben letztes Jahr wir das Zentrum wiedereröffnet und wollen mehr Mädchen und Frauen ausbilden, um sie zu fördern und ihnen die Gründung eigener Unternehmen wie Näh- und Strickgruppen zu ermöglichen. Im Laufe der Zeit werden diese Unternehmen ihre Einnahmen vermehren und die Frauen werden schließlich in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Mein Wunsch wäre es, ihnen nach ihrem Kurs eine Nähmaschine zur Verfügung zu stellen, damit sie nach Beendigung der Ausbildung nähen und verkaufen und so ihre Familien und sich selbst ernähren können. Die Lehrkraft bringt ihnen das Nähen und die Bedienung der Nähmaschine bei. Aktuell haben wir 10 Studentinnen und sie sind so glücklich.
Wie ist ihre Lebensgeschichte?
Schwester Flora: Mein Name ist Sr. Flora Mashonga. Wir sind vier Mitglieder unserer Familie, ein Mädchen und drei Jungen. Unsere Eltern sind beide gestorben, als ich 12 Jahre alt war. Mein Zuhause liegt im südlichen Teil Malawis, im Distrikt Chikwawa. Ich konnte meine weiterführende Schule an der Ngabu-Sekundarschule abschließen und bin 2002 der Schwesternschaft beigetreten. Anschließend hat mich die Gemeinde auf die Phwezi Technical-Schule geschickt, wo ich meine Prüfung in Ernährungskunde und Kochkunst abgelegt habe. Nach der Schule kam ich als Lehrerin in das St. Patrick’s Homecraft Center.
Schwester Flora ist unsere Hauptansprechperson in unserer Unterstützung für die Studentinnen. Projektpartnerin sind die Sisters of the Holy Rosary in Malawi.
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