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So oft dreht sich die Kommunikation von Sei So Frei darum, was wir alle gemeinsam bewirken können, welch großen Unterschied wir zusammen ausmachen können. Das ist ohne Frage einer der schönsten Aspekte unserer Arbeit und Ihrer Solidarität. Dennoch gibt und gab es immer Menschen, die unabhängig von der sie umgebenden Gesellschaft die Welt nachhaltig verändern. Einer der beeindruckendsten von ihnen war der Erzbischof von San Salvador, Óscar Romero, in dessen Gedenken wir alle ein bis zwei Jahre den bedeutenden Romero-Preis verleihen.
Das Leben und Wirken dieser Lichtgestalt war vom Kampf für soziale Gerechtigkeit und politische Reformen geprägt. Romero gilt als einer der prominentesten Verfechter der Befreiungstheologie, wurde zweimal für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen und 2015 von Papst Franziskus selig- und 2018 heiliggesprochen. Seine Ermordung durch Todesschwadronen der damals amtierenden Regierung El Salvadors im Jahr 1980 entzündete einen Bürgerkrieg in seinem Heimatland, während dessen 12-jährigen Verlaufs mehr als 75.000 Menschen ums Leben kamen. Solch unfassbare Auswirkungen entstehen nicht zufällig.
Óscar Arnulfo Romero y Galdámez galt als zurückhaltender Mensch und zu Beginn seines Engagements als konservativ. 23 Jahre lang wirkte er als Gemeindepriester, danach als Sekretär der Bischofskonferenz, Weihbischof und ab 1977 als Erzbischof von San Salvador, der Hauptstadt El Salvadors. Zu dieser Zeit steckte das mittelamerikanische Land in einer tiefen Krise. Reiche Großgrundbesitzer und Militärs versuchten mit aller Macht, demokratische Bestrebungen der armen Bevölkerung zu unterdrücken. Es kam zu massiven Wahlfälschungen und Demonstrationen, während derer etliche Menschen ermordet wurden. Romeros Freund, der Jesuitenpater Rutilio Grande, war der Erste einer unglaublich langen Reihe von Priestern, Ordensleuten und Laien, die von Paramilitärs im Auftrag reicher Bürger ermordet wurden. Seine Gedenkmesse, die von Romero zelebriert wurde, besuchten mehr als 100.000 Menschen. Sie wurde zum Wendepunkt im Leben des Erzbischofs.
Er nutzte fortan seine Predigten als politische Situationsanalysen, rief gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung, Folter und Mord auf. Er schenkte seine Stimme all jenen, die keine hatten, wandte sich an die eigene und andere Regierungen und unterstützte die leidende Bevölkerung, während sich die Situation weiterhin dramatisch zuspitzte. Ab Oktober 1979 installierte das Militär ein totalitäres System staatlichen Terrors. Die Guerilla antwortete mit Gegenterror. Zu diesem Zeitpunkt herrschte nicht überall in der Kirche Zuspruch zu Romeros politischem Engagement. Mehrmals musste er sich in Rom rechtfertigen, da er teils als „Instrument linker politischer Gruppen“ galt. „Eine Kirche, die sich nicht die Sache der Armen zu eigen macht, um das Unrecht anzuprangern, das man an den Armen begeht, ist nicht die wahre Kirche Jesu Christi.“ Mit Worten wie diesen reagierte der Erzbischof auf solche Vorwürfe. Sein Einsatz war bereits lange Zeit von Todesdrohungen begleitet und seine Reden bezeugten stets seinen unbeirrbaren Standpunkt. In seiner letzten Predigt wandte er sich direkt an die Angehörigen der Armee, der Nationalgarde und der Polizei, wofür ihm vorgeworfen wurde, ein Vergehen am Rande des Gesetzes begangen zu haben: „Kein Soldat ist gezwungen, einem Befehl zu folgen, der gegen das Gesetz Gottes verstößt. […] Wir fordern die Regierung auf, die Nutzlosigkeit von Reformen anzuerkennen, die aus dem Blut des Volkes entstehen. Im Namen Gottes und des leidenden Volkes, dessen Wehklagen täglich eindringlicher zum Himmel steigen, ich flehe Sie an: Machen Sie der Repression ein Ende.“
Nur wenige Stunden später wurde Romero, vor dem Altar einer Krankenhauskapelle stehend, von Todesschwadronen erschossen. Zu seinen Begräbnisfeierlichkeiten kam eine Million Menschen. Daraus entstand ein Massaker mit 40 Todesopfern, woraufhin der Bürgerkrieg vollends eskalierte. Er sollte erst 1992 enden.
Óscar Romero wurde weltweit zur Symbolfigur für mutigen Widerstand, für den Einsatz für Arme und Entrechtete und auch für Entwicklungszusammenarbeit. Sein Mut und seine Hingabe sind Vorbild für so viele Menschen und Einrichtungen. So auch für Sei So Frei und die Katholische Männerbewegung, die in seinem Gedenken den Romero-Preis ins Leben rief, den wir seit 1980 jährlich vergeben und der zu einem der bedeutendsten österreichischen Menschenrechtspreise geworden ist.
Viele außergewöhnliche Menschen wie beispielsweise Waris Dirie, Bischof Erwin Kräutler oder Padre Gabriel Mejía wurden seit 1981 damit ausgezeichnet. Die Ehrung ist nicht nur eine Verbeugung vor der großartigen Arbeit dieser Menschen, sondern bringt für viele der Ausgezeichneten auch einen nicht zu unterschätzenden politischen Schutzaspekt in ihren Heimatländern. Gerade jene Menschen, die sich am meisten engagieren, sind viel zu oft Repressalien und mitunter Gewalt ausgesetzt. Genau wie auch Óscar Romero das war.
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„Es ist eine riesige Ehre für mich, 2023 den bedeutenden Romero-Preis verliehen zu bekommen. Ich weiß um die Verantwortung und widme ihn den Menschen im Tschad.“
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Pater Sen Vellakada, Romero-Preisträger 2023
Pater Sen Vellakada erhält 2023 den renommierten Romero-Preis. Sein Engagement für Bildung, Austausch und Entwicklung ist eindrucksvoll. 2016, kurz nach seiner Studienzeit in Wien, gründete er die Organisation Agape Austria, um mit Freunden aus österreichischen Studientagen in karitativer Zusammenarbeit verbunden zu bleiben. Dieser Verein ist Projektpartner von Sei So Frei und zuständig für sehr berührende Projekte im Tschad und in Kamerun, die wir unterstützen.
Der umtriebige Pater der Missionare des Hl. Franz von Sales nennt sich selbst einen Weltenbürger, was sein Lebenslauf bestätigt. Das Engagement, die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit des 48-jährigen Paters aus Indien tragen Früchte in vielen Weltgegenden. Vor allem im ärmsten Afrika. „Es ist schön, etwas zu tun. Aber nicht ich leiste, sondern die Menschen, die für uns da sind. Ich bin nur eine Brücke, ein Werkzeug“, präzisiert er die Einstellung zu seiner Arbeit. Er ist eine Brücke über viele Kontinente hinweg. Und zwar seinem Lebensweg folgend. Von verschiedenen Stationen in Indien, über Klosterneuburg und Wien, wo er seine Doktorandenjahre verbrachte, bis nach Afrika und zu gemeinsamen Projekten mit Freunden in den USA und in Europa. Anstrengend? „Ja, aber das Schöne ist, dass ich überall nach Hause komme. Wenn ich nach Indien komme, sagen alle „Willkommen zu Hause“, genau wie im Tschad oder in Klosterneuburg. Manchmal machen mir die Umstände zu schaffen, aber die Menschen sind meiner Erfahrung nach grundsätzlich überall gleich.“ Pater Vellakada spricht aus der Erfahrung, in verschiedenen Welten gelebt zu haben: „Nur die Lebenslage verändert sie manchmal. Wenn Menschen um ihr Überleben kämpfen müssen, macht das den größten Unterschied. In Europa muss man nicht um das tägliche Brot bangen, alles ist einigermaßen garantiert, aber das ist bei Weitem nicht selbstverständlich. Ich versuche dafür zu kämpfen, dass mehr Menschen eine gewisse Qualität im Leben haben, dass sie als Menschen lebenswert leben können. Wenn das garantiert ist, sind viele Probleme schon gelöst.“
Sen (für Sebastian) Vellakada wuchs in einer katholischen Familie im indischen Kerala auf. Dort stellen Christen 20 % der Bevölkerung und haben großen Einfluss auf die Gesellschaft. Doch er hatte zunächst keine Ambitionen, Priester zu werden. Sein Interesse galt dem Journalismus und Fußball, bis schließlich die Berufung kam. Ein wichtiger Grund, den Orden der Fransilianer zu wählen, war deren internationale Ausrichtung. Schon als Jugendlicher war er als Präsident in einer Schülerorganisation tätig, die sich dem weltweiten Hilfsgedanken widmete. Diesen Wurzeln ist er treu geblieben.
In Indien studierte er Philosophie und Theologie, hat einen Bachelor of Arts, ein Diplom in Massenkommunikation und einen Abschluss in Psychologie. 2010 begann er in Wien seinen Doktor in Theologie. „Das war eine prägende Zeit. Ich war sehr engagiert in der Seelsorge, meine Doktorarbeit schrieb ich über Pastoralgespräche und Therapie. Diese und meine therapeutische Ausbildung helfen mir sehr in der Seelsorge, egal wo ich bin. Der Umgang mit Menschen ist entscheidend“, erklärt Pater Sen. Nach Abschluss seines Studiums gründete er den Verein Agape Austria und begann sein Engagement in Afrika. „Nach sieben Jahren im Luxus in Österreich wollte ich in eine arme Region gehen“, beschreibt Pater Sen seine Motivation. „Kamerun ist unser ärmstes Gebiet. Ich dachte, ich kann dort etwas bewirken oder einfach für die Menschen da sein. Ich habe darauf vertraut, dass es gelingt, und mich auf meine Freunde verlassen.“
Seit seiner Ankunft in Afrika ist viel passiert. Tausende Menschen können nun menschenwürdiger leben, und Hunderte Kinder erhalten eine gute Ausbildung. Pater Sen ist Regens für Theologiestudenten, Ökonom seiner Gemeinschaft in Kamerun und Koordinator der beiden Schulprojekte in Doba im Tschad und Ngaoundéré in Nordkamerun. Zwei Länder, drei Aufgaben – eine große Herausforderung. „Und jeden Tag eine Erfüllung. Es ist großartig, was alles geschehen ist und dass ich Teil davon sein darf.“
Wir gratulieren Pater Sen herzlich zur Auszeichnung mit dem Romero-Preis.
>> Hier geht’s zum Bericht über die Preisverleihung im November 2023 in Klosterneuburg!
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